Startup first? Warum der KMU-Mittelstand in der Förderpolitik den Kürzeren zieht

Glaskauen am Abgrund – Wie der Startup-Hype unsere Wirtschaft aus dem Gleichgewicht bringt

Schneller, höher, besser – 3X, 5X, 10X. Skalieren bis „End of Business“. Das ist der Mantra-Singsang der Startup-Szene. Wer einmal an einer Startup Night war, spürt die Energie: Vision, Disruption, Produktivität auf Speed. Und dennoch bleibt oft ein fahles Gefühl zurück.

Denn während auf den Bühnen die Welt neu erfunden wird, kämpfen die echten Wertschöpfer:innen – Handwerker:innen, Gastgeber:innen, kleine Betriebe – um Fachkräfte, Finanzierung oder schnelles Internet.

In der Schweizer Förderlandschaft wird oft übersehen, dass KMU rund zwei Drittel aller Arbeitsplätze sichern.

Die klassische KMU-Förderung? Verdrängt. Vom Hype um Unicorns, Growth-Fonds und staatlich gepushte Venture Capital-Träume. Zeit, das Glaskauen am Rande des Abgrunds zu hinterfragen.

Während sich viele Programme auf Startups mit Plattformideen fokussieren, bleiben KMU mit Substanz oft auf der Strecke.

Nicht weil Innovation schlecht ist – sondern weil wir vergessen haben, was sie eigentlich bedeutet.

Eine gezielte KMU-Förderung in der Schweiz wäre nachhaltiger als das nächste Millioneninvestment in ein MVP ohne Geschäftsmodell.

Das Co-Founder-Kit 2025: Alles für den Startup-Hype, nichts für KMU-Förderung – warum wir jetzt Substanz statt Selfie brauchen

Vom Garagen-Mythos zur Förderindustrie

Das Startup-Narrativ ist längst globaler Mainstream: Zwei Studienabbrecher, eine Garage, ein Pitch – fertig ist die nächste Milliardenidee.

Dieses Narrativ hat nicht nur Politik und Medien begeistert, sondern ganze Förderlandschaften umgeformt. „Innovationsparks, Acceleratoren, Inkubatoren – oft öffentlich finanziert – zielen auf schnelles Wachstum, wie wir es auch in der Modebranche unter dem Einfluss von KI erleben. Skalierung wird zum Fetisch. Doch: Die Realität sieht anders aus.

Laut Startup Monitor Deutschland (2023) scheitern über 70 % aller Startups innerhalb der ersten fünf Jahre. Viele verschwinden, bevor sie überhaupt ein nachhaltiges Geschäftsmodell haben. Zurück bleiben leere Innovationsräume und Fördergelder ohne Wirkung.


KMU – das stille Rückgrat

Gleichzeitig arbeiten Millionen Menschen in kleinen und mittleren Unternehmen. Sie sorgen für 99 % aller Unternehmen in Europa, über 60 % der Arbeitsplätze, laut European Commission SME Factsheet. Diese Betriebe sind systemrelevant – ohne PR-Agentur, aber mit Verantwortung. Sie bilden aus, zahlen Steuern, halten Regionen lebendig.

Was sie brauchen? Keine Millionen. Sondern:

  • Hilfe bei Nachfolge

  • Zugang zu Fachkräften

  • digitale Infrastruktur

  • niedrigschwellige Förderlogik

Was sie bekommen? Bürokratie, Berichtsformulare –
und den Anblick neuer Startup-Hubs mit Kickertisch, 3D-Drucker und Barista-Station.

Wenn Glaskauen zum Geschäftsmodell wird, bleibt irgendwann kein Biss mehr für die Realität.
— Adrian Huwyler

Fazit:

Startup oder Substanz?

Das ist kein Rant gegen Startups. Viele liefern wertvolle Impulse, denken neu, verändern Märkte. Aber: Innovation entsteht auch im Kleinen. In der dritten Generation einer Bäckerei, die regional digitalisiert. In einem Tourismusbetrieb, der Kreislaufwirtschaft ernst nimmt.

Startups versprechen Skalierung. KMUs liefern Stabilität. Während in den Pitch-Decks der nächste Exit geplant wird, halten lokale Betriebe unsere Wirtschaft am Laufen – Tag für Tag, ohne Hype, aber mit Handwerk, Herz und Haltung.

Wir brauchen beides: die Mutigen, die Zukunft bauen, und die Stillen, die Gegenwart sichern. Doch wenn die öffentliche Förderung nur noch dem Disruptiven folgt, geraten genau jene in den Schatten, die längst liefern.

Was wir brauchen, ist beides:

  • Die Garage und die Werkstatt

  • Das Pitchdeck und den Produktionsplan

  • Das MVP und das Meisterstück

Förderpolitisch heisst das:

  • Startups fördern, ohne KMU zu vergessen.

  • Wagnis ermöglichen, aber Wertschöpfung stützen.

  • Hype bremsen, Handwerk stärken.

Deshalb gilt jetzt: Mehr Fokus auf Substanz statt nur auf Startup.

Mehr Realität. Weniger PowerPoint.

Also, packen wir’s an!

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